Deutsch-spanisches Erbrecht einfach erklärt
Viele Deutsche besitzen ein Haus in Spanien – sei es ein Ferienhaus auf Mallorca oder ein Altersruhesitz in Marbella.
Doch was passiert, wenn jemand stirbt? Wie wird das Vermögen dann verteilt?
Wir erklären Ihnen die wichtigsten Unterschiede zwischen deutschem und spanischem Erbrecht.
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Mehr InformationenAuch wenn Sie selbst gerade Eigentümer einer Immobilie in Spanien sind und sich mit Ihrem Testament beschäftigen, helfen wir Ihnen, die erbrechtlichen Grundlagen und Unterschiede zwischen Spanien und Deutschland besser zu verstehen.
1. Welches Recht ist anwendbar?
Manchmal findet man in Testamenten eine sogenannte Rechtswahl – damit entscheidet sich der Erblasser, welches Recht gelten soll. Aber in den meisten Fällen wird das Recht angewandt, das am gewöhnlichen Aufenthalt der Person anknüpft.
Der „gewöhnliche Aufenthalt“ ist der Ort, wo die Person vor ihrem Tod ihren Daseinsmittelpunkt hatte, also am meisten verwurzelt war.
Wenn ein Deutscher hauptsächlich in Deutschland lebt und nur zum Urlaub zu seiner spanischen Ferienimmobilie fährt, gilt meistens deutsches Erbrecht. Das bedeutet, dass die Frage, an wen er wie viel vererbt, allein nach deutschem Recht beurteilt wird, unabhängig davon, wo das Vermögen liegt.
Wichtig dabei: Auch wenn deutsches Erbrecht gilt, heißt das nicht automatisch, dass nur deutsches Steuerrecht greift oder nur in Deutschland Erbschaftsteuer anfällt. Erbrecht und Steuerrecht sind zwei völlig verschiedene Bereiche. Wer in Spanien Vermögen hinterlässt, muss oft auch dort mit steuerlichen Pflichten rechnen.
Aber zurück zum anwendbaren Recht. Lebt jemand nicht mehr in Deutschland, sondern zieht er dauerhaft nach Spanien, zum Beispiel der klassische Spanien-Rentner, dann gilt in der Regel spanisches Erbrecht.
2. Spanien ist ein sog. Mehrrechtsstaat
In Spanien gibt es einen großen Teil, in dem das Erbrecht des Código Civil anwendbar ist. Dieses Recht wird auch als gemeinspanisches Recht bezeichnet. Es ist auf den kanarischen Inseln, im gesamten Süden, also entlang der Costa del Sol in Málaga, Marbella, Alicante, Valencia, Moraga, aber auch in Madrid anwendbar.
Mallorca aber hat zum Beispiel ein eigenes Erbrecht, Ibiza und Formentera auch, Menorca ebenfalls, Katalonien mit der Hauptstadt Barcelona, Galicien, Navarra, Aragón und das Baskenland auch jeweils, wobei sich das Baskenland noch einmal in Alava, Biskaya und Gipuzkoa unterteilt. Insgesamt haben wir also neben dem gemeinspanischen Erbrecht 10 weitere regionale Erbrechte, die auch Foralrechte oder fueros genannt werden.
3. Aber macht das wirklich einen Unterschied?
Ja, und zwar einen gewaltigen.
Nehmen wir als Beispiel die gesetzliche Erbfolge bei einem Ehepaar mit zwei Kindern ohne Testament.
In Deutschland würde hier der überlebende Ehegatte die Hälfte und die Kinder jeweils ein Viertel erben.
Nach gemeinspanischem Recht sieht das anders aus.
Hier bekommen die Kinder jeweils 50 Prozent und der Ehegatte erhält nur ein Nießbrauchsrecht an einem Drittel des gesamten Nachlasses.

Das Gleiche gilt zum Beispiel nach mallorquinischem Recht.
Es macht also einen riesigen Unterschied, ob der Verstorbene seinen gewöhnlichen Aufenthalt beispielsweise in Hamburg oder auf Mallorca hatte.
4. Was passiert, wenn es ein Testament gibt?
Wenn es ein wirksames Testament gibt und darin ein oder mehrere gesetzliche Erben enterbt werden, gibt es auch hier große Unterschiede zwischen Deutschland und Spanien.
In Deutschland bekommt ein enterbtes Kind immer einen Pflichtteil, und zwar die Hälfte dessen, was es ohne Testament bekommen hätte. Wären in unserem Beispiel also die beiden Kinder enterbt worden, hätten sie trotzdem einen Anspruch auf jeweils ein Achtel vom Nachlass und der überlebende Ehegatte würde mindestens drei Viertel bekommen.
Nach katalanischem Recht wäre das Ergebnis das gleiche.
Nach gemeinspanischem Recht dagegen erhalten die enterbten Kinder trotzdem jeweils ein Drittel – zusammen also zwei Drittel des Nachlasses – und der Ehegatte nur ein Drittel.
Die Unterschiede sind also auch bei Testamenten und Pflichtteilen enorm.
5. Testament, Erbvertrag und gemeinschaftliches Testament
In Deutschland kennen wir neben dem einfachen Testament auch den Erbvertrag und das gemeinschaftliche Testament.
Nach gemeinspanischem Recht sind beide Varianten, Erbvertrag und gemeinschaftliches Testament aber nicht zulässig.
Auf Mallorca dagegen ist beides möglich – ähnlich wie in Deutschland.
Und in Katalonien wiederum ist der Erbvertrag erlaubt, aber das gemeinschaftliche Testament verboten.
Fazit
Es ist also nicht ganz einfach, sich im Dschungel der deutsch-spanischen Erbrechte zu orientieren. Deshalb unser klarer Rat: Beschäftigen Sie sich frühzeitig mit dieser Thematik – am besten mich fachkundiger Begleitung.
Dr. Karl Felix Oppermann
Rechtsanwalt | Partner
